Georg Trakl

Vorstadt im Föhn

Am Abend liegt die Statte öd und braun,

Die Luft von gräulichem Gestank durchzogen.

Das Donnern eines Zugs vom Brückenbogen -

Und Spatzen flattern über Busch und Zaun

 

Geduckte Hütten, Pfade wirr verstreut,

In Gärten Durcheinander und Bewegung,

Bisweilen schwillt Geheul aus dumpfer Regung,

In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid

 

Am Kehricht pfeift verliebt ein Rattenchor.

In Körben tragen Frauen Eingeweide,

Ein ekelhafter Zug voll Schmutz und Räude,

Kommen sie aus der Dämmerung hervor

 

Und ein Kanal speit plötzlich feistes Blut

Vom Schlachthaus in den stillen Fluß hinunter.

Die Föhne färben karge Stauden bunter

Und langsam kriecht die Röte durch die Flut

 

Ein Flüstern, das in trübem Schlaf ertrinkt.

Gebilde gaukeln auf aus Wassergraben,

Vielleicht Erinnerung an ein früheres Leben,

Die mit den warmen Winden steigt und sinkt

 

Aus Wolken tauchen schimmernde Alleen,

Erfüllt von schönen Wägen, kühnen Reitern.

Dann sieht man auch ein Schiff auf Klippen scheitern

Und manchmal rosenfarbene Moscheen.

 

[Gedichte 1909-1913]