Übereinstimmung von Form und Inhalt
Rainer Maria Rilke
Römische Fontäne Borghese Zwei Becken, eins das andere übersteigend aus einem alten runden Marmorrand, und aus dem oberen Wasser leis sich neigend zum Wasser, welches unten wartend stand,
dem leise redenden entgegenschweigend und heimlich, gleichsam in der hohlen Hand, ihm Himmel hinter Grün und Dunkel zeigend wie einen unbekannten Gegenstand;
sich selber ruhig in der schönen Schale verbreitend ohne Heimweh, Kreis aus Kreis, nur manchmal träumerisch und tropfenweis
sich niederlassend an den Moosbehängen zum letzten Spiegel, der sein Becken leis von unten lächeln macht mit Übergängen.
8.7.1906, Paris |
August Wilhelm Schlegel
Das Sonett Zwei Reime heiß' ich viermal kehren wieder Und stelle sie, geteilt, in gleiche Reihen, Dass hier und dort zwei, eingefasst von zweien, Im Doppelchore schweben auf und nieder.
Dann schlingt des Gleichlauts Kette durch zwei Glieder Sich freier wechselnd, jegliches von dreien. In solcher Ordnung, solcher Zahl gedeihen Die zartesten und stolzesten der Lieder.
Den werd' ich nie mit meinen Zeilen kränzen, Dem eitle Spielerei mein Wesen dünkt. Und Eigensinn die künstlichen Gesetze.
Doch, wem in mir geheimer Zauber winkt, Dem leih' ich Hoheit, Füll' in engen Grenzen. Und reines Ebenmaß der Gegensätze.
(1767-1845) |
Sieh' dir die Satzzeichen jeweils am Ende der Strophen an.
- Worin besteht der Unterschied zwischen den beiden Gedichten?
- Mit einem Punkt grenzt man Sinneinheiten voneinander ab. - Siehst du einen Zusammenhang zwischen dem, was Rilke mit seinem Gedicht darstellt, und der Zeichensetzung am Ende der Strophen?